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Ausnahmezustand: Reisen in eine beunruhigte Welt von Navid Kermani

Ausnahmezustand: Reisen in eine beunruhigte Welt - Navid Kermani

Dieses Buch besteht aus einer Sammlung von Reportagen aus Krisengebieten, die Kermani zwischen 2005 und 2014 besucht hat, unter diesen Regionen wie Kaschmir, Pakistan und Indien, aber auch allgegenwärtige Kriegsgebiete wie Afghanistan, Irak oder Syrien. Oder auch ein kleiner Blick nach Palästina oder auf die Insel Lampedusa.

 

Besonders machen diese Reportagen die vielen Begegnungen mit der Bevölkerung einerseits, aber auch Politikern, religiösen Führern auf der anderen Seite. Kermani nähert sich Konflikten mit offener Gesinnung, lässt Widersprüchliches unkommentiert für sich sprechen und alle zu Wort kommen. Kermani hat hier die Rolle eines Chronisten über - er zeichnet auf, er berichtet, aber er urteilt nicht. Ja, natürlich ergeben sich abstruse Tatsachen, die einen ungläubig den Kopf schütteln lassen, aber diese werden ohne die moralische Keule wiedergegeben.

 

Beeindruckend ist auch der Blick hinter die Kulissen, die Unmittelbarkeit der Ereignisse, die Kermani erlebt hat (s. Iran, auch Syrien), und die Schilderung der Lebensumstände seiner Interviewpartner. Und diese sind es auch, die ihm ein einziges Mal in diesem Buch seine grundlegend offene Herangehensweise verwehren, nämlich im Kapitel Palästina, als er die offenen Erniedrigungen der Palästinenser, aber auch die Weiterführung der Siedlungspolitik eindeutig als Einzementieren der jetzigen Situation beurteilt ohne Willen, diese zu verbessern.

 

Man lernt vieles bei der Lektüre: Unterschiede zwischen Revolutionsbewegungen, die hier in den Medien doch als gleichförmig beschrieben wurden (s. Syrien), das Outsourcen von Gewalt, nur um als friedvoller Machthaber zu gelten, die katastrophalen Lebensumstände, die dennoch nicht die Hoffnung rauben, und nicht zu vergessen die Tatsache, dass reine Menschlichkeit Leben retten kann.

 

Beeindruckend.